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SWR Interview – Reiserecht

Interview am 17.9.2020 20:15 Uhr im Fernsehsender SWR 3 Rheinland-Pfalz in dem Magazin „Zur Sache Rheinland-Pfalz“ zur rechtlichen Einordnung des Home Office

SWR fragt: Was ist der Unterschied zwischen Homeoffice und mobilem Arbeiten?
Frau Jill Aline Kircher Rechtsanwältin für Arbeitsrecht antwortet:
Das was unter Homeoffice bekannt ist, wird eigentlich als Telearbeit bezeichnet: ortsgebundenes
Arbeiten von zuhause aus. Man versteht hierunter einen vom Arbeitgeber fest eingerichteten
Bildschirmarbeitsplatz im Privatbereich des Arbeitnehmers, für welchen der Arbeitgeber eine mit dem
Arbeitnehmer vereinbarte, wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat.
Mobiles Arbeiten hingegen ist eine viel flexiblere Form der Arbeitsgestaltung. Hier erledigen
Arbeitnehmer ihre Arbeit zeitweise an einem beliebigen Ort und brauchen keinen festen Arbeitsplatz
einzunehmen. Sie loggen sich über das mobile Netz ein und arbeiten also z.B. mal beim Kunden, im
Restaurant, während einer Reise oder eben auch mal zu Hause aus.

SWR fragt: Durch Corona wurden schnell viele Homeoffice eingerichtet – für eine gewisse Zeit
OK, aber was muss beachtet werden, wenn dauerhaft und regelmäßig Homeoffice betrieben
werden soll?
Frau Jill Aline Kircher Rechtsanwältin für Arbeitsrecht antwortet:
Der Unterschied zwischen Homeoffice und mobilem Arbeiten wird insbesondere beim Arbeitsschutz
deutlich: hat der Arbeitgeber einen Homeoffice-Arbeitsplatz eingerichtet, muss er dafür Sorge tragen,
dass dieser den Anforderungen des Arbeitsschutzes genügt. So muss er bspw. bei der erstmaligen
Einrichtung dieses Arbeitsplatzes eine Gefährdungsbeurteilung durchführen, also potenzielle Gefahren
im Homeoffice ermitteln und diese abstellen.

Im Mobile Office dagegen beschränken sich die Pflichten des Arbeitgebers hinsichtlich des
Arbeitsschutzes auf die Unterweisung zu Sicherheitsrisiken und die Bereitstellung von Arbeitsmitteln,
von denen keine Gefährdungen für den Arbeitnehmer ausgehen. Auch der Arbeitnehmer selbst ist in
diesem Fall gefordert und muss dem Arbeitgeber bestehende Risiken mitteilen. Zudem ist es den
Arbeitnehmern untersagt, unter erkennbar gesundheitsgefährdenden Umständen zu arbeiten.
Prinzipiell ist jedoch zu beachten, dass das Arbeitsschutzgesetz in beiden Fällen gilt, denn der
Arbeitgeber ist für die Sicherheit und Gesundheit seiner Mitarbeiter zuständig, egal, ob diese im Betrieb
tätig sind, von Zuhause oder von anderswo aus arbeiten. Weiterhin sind auch die Vorschriften des
Arbeitszeitgesetztes einzuhalten (z.B. Gewährung von Pausen, Beachtung der Höchstarbeitszeiten,
Mindestruhezeiten sowie Sonn- und Feiertagsschutz).

SWR fragt: Ist die Thematik „Homeoffice“ zu einem größeren Problem geworden seit Corona?
Frau Jill Aline Kircher Rechtsanwältin für Arbeitsrecht antwortet:
Als ein „Problem“ würde ich es erst einmal nicht bezeichnen. Denn das Arbeiten im Homeoffice kann
nicht einseitig vom Arbeitgeber angeordnet werden. Andersherum kann auch der Arbeitnehmer es von
sich aus auch nicht einfach verlangen und ohne Zustimmung des Vorgesetzten von Zuhause aus
arbeiten. Insoweit ist davon auszugehen, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer in den meisten Fällen
auf die neue Arbeitsform verständigt haben. Viele Arbeitnehmer begrüßen es auch tatsächlich, dass
gerade in Zeiten von Corona die Anwesenheitspflicht im Büro weg gefallen ist, denn so entfallen
Fahrtwege und Familie und Beruf lassen sich z.T. leichter unter einen Hut bringen.

SWR fragt: Gilt eine Verletzung während der Arbeitszeit als Arbeitsunfall?
Frau Jill Aline Kircher Rechtsanwältin für Arbeitsrecht antwortet:
Grundsätzlich besteht der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung für beide Arbeitsformen.
Allerdings ist der Versicherungsschutz sehr eng auf die Arbeitstätigkeit selbst bezogen und nicht auf das
Umfeld, in der sie verrichtet wird. Wenn der Unfall unmittelbar etwas mit der Arbeit zu tun hat, dann gilt
der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Wer hingegen Zuhause auf dem Weg zur Toilette stürzt
steht in der Regel nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Abgrenzung, was
noch Arbeit ist und wo der private Bereich beginnt, ist schwammig und kann nicht ohne weiteres
pauschal festgelegt werden. Es kommt insoweit immer auf die genauen Umstände des Einzelfalles an.

SWR fragt: Welche rechtlichen Fallen gibt es für Arbeitnehmer bzw. Arbeitgeber?
Frau Jill Aline Kircher Rechtsanwältin für Arbeitsrecht antwortet:
Gerade für Arbeitgeber ist ein wichtiges Thema der Datenschutz. Denn Themen wie Datenschutz und
Sicherheit machen nicht an der Unternehmenstüre halt. So obliegt es grundsätzlich dem Arbeitgeber die
Gewährleistung der Datensicherheit sicherzustellen, sodass ein Datenschutz-/ IT-Sicherheitskonzept
unabdingbar wird. Hierin können Verpflichtungen des Arbeitnehmers im Homeoffice oder beim mobilen
Arbeiten Schränke mit Schloss zur Aufbewahrung von Arbeitsmitteln oder sonstigen Dokumenten etc.
zur Verfügung zu stellen, die Internetverbindung nur über VPN oder Tunnellösungen herzustellen, einen
besonderen Sichtschutz zu nutzen oder Passwörter nicht frei zugänglich aufzubewahren festgehalten
werden. Denn beispielsweise Ausdrucke mit betrieblichen Informationen gehören nicht in den
heimischen Papierkorb oder auf den Tisch im Café.

Weiterhin sollte der Arbeitgeber die Ausgabe von Geräten jeglicher Art sorgfältig dokumentieren, damit
z.B. bei Verlust oder Diebstahl nachvollzogen werden kann, welche Ausmaße der Verlust und die daraus
resultierende mögliche Datenschutzverletzung hat. So sollte insbesondere der Einsatz privater Geräte
nach Möglichkeit zur Verarbeitung oder Speicherung von Daten vermieden werden (E-Mails abrufen vom
privaten Smartphone oder Nutzung eines privaten PCs). Zum einen haben hierauf auch andere
Familienmitglieder Zugriff und zum anderen kann hierbei nicht sichergestellt werden, dass Virenschutz,
Firewall und Bootschutz vorhanden sind. Bestenfalls werden auch keine Daten auf dem lokalen Rechner
gespeichert, denn so erschwert man im Falle von Verlust oder Diebstahl den unbefugten Zugriff auf die
Daten durch Dritte.

SWR fragt: Um welche Ausstattung muss sich der Arbeitnehmer, um welche der Arbeitgeber
kümmern?
Frau Jill Aline Kircher Rechtsanwältin für Arbeitsrecht antwortet:
Das hängt ein bisschen davon ab, ob die Intention zum Homeoffice oder mobilen Arbeiten vom
Arbeitgeber oder vom Arbeitnehmer ausgeht. Möchte der Arbeitgeber, dass seine Mitarbeiter im
Homeoffice oder mobil arbeiten, muss er sicherstellen, dass den Arbeitnehmern die notwendigen
Arbeitsmittel zur Verfügung stehen. So kann beispielsweise im Homeoffice auch die Ausstattung mit
Schreibtisch und Schreibtischstuhl notwendig werden. Weiterhin steht dem Arbeitnehmer grundsätzlich
ein Anspruch auf Erstattung der Kosten, die mit der Einrichtung des Arbeitsplatzes verbunden sind, zu.
Hierzu zählen z.B. Strom oder Kosten für den Internetanschluss.

Möchte hingegen der Arbeitnehmer vom Büroarbeitsplatz weg, kann der Arbeitgeber das Arbeiten im
Homeoffice oder im Mobile Office von bestimmten Voraussetzungen, wie z.B. das Vorhandensein
ausreichender Büroeinrichtung, abhängig machen.