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Flensburg - Anwalt Strafrecht Frankfurt - Spies Rechtsanwälte

NEUERUNGEN IM PUNKTESYSTEM IN FLENSBURG

Vortrag ADAC Automobilclub Frankfurt a.M. – Höchst vom 05.11.2012 von Frau Rechtsanwältin, ADAC-Syndikus-Anwältin und Fachanwältin für Verkehrsrecht Katja Eva Spies

Ich freue mich, dass Sie so zahlreich erschienen sind und begrüße Sie zu meinem heutigen Vortrag. Wie angekündigt möchte ich die Neuerungen im Punktesystem in Flensburg mit Ihnen erörtern, die Vor- und die Nachteile aufzeichnen und insbesondere auch die entsprechenden Auswirkungen für den einzelnen Autofahrer darstellen. Zunächst stelle ich nochmals kurz das bestehende System dar um dann die entsprechenden Unterschiede aufzuzeigen.

Beginnen möchte ich mit den Tilgungsfristen im alten System, d.h. die Klärung der Fragen, wann entsprechende Punkteeinträge im Verkehrszentralregister gelöscht werden. Punkte aus Bußgeldentscheidungen werden nach 2 Jahren gelöscht, Straftaten – außer Alkohol, Drogen – nach 5 Jahren und alle übrigen Fälle wie Drogen und Alkoholfahrten nach 10 Jahren. Die Tilgungsfrist beginnt mit der jeweiligen Rechtskraft, also erst wenn ein Bußgeldbescheid oder ein Strafbefehl oder ein Urteil rechtskräftig geworden ist. Erst dann beginnt die Tilgungsfrist. Momentan ist es noch so, dass die Tilgungsfrist gehemmt wird, wenn innerhalb der Zeit, in der ein Punkt in Flensburg eingetragen ist, ein weiterer Verkehrsverstoß begangen wird.

Beispiel: Man überschreitet die zulässige Höchstgeschwindigkeit sagen wir um 21 km/h und bekommt dafür einen Punkt nach Rechtskraft am 1.1.2010 eingetragen, dann wäre dieser am 1.1.2012 getilgt worden.

Wenn nun aber am 1.1.2011 ein neuer Verstoß hinzukommt, so fangen die 2 Jahre auch für den 1. Verstoß erneut an zu laufen, so dass beide Punkte dann erst am 1.1.2013 gelöscht würden, wenn nicht noch in der Zwischenzeit eine weitere Eintragung erfolgt, ab der dann wieder für alle bestehenden Punkte die Tilgungsfrist erneut beginnt. An das Ende der ordentlichen Tilgungsfrist schließt sich dann noch eine Überliegefrist an.

Beispiel: Es ist ja möglich, dass 1 Tag vor Ablauf der Tilgungsfrist (nehmen wir mal das gedachte Datum 01.01.2013) ein neuer Verstoß begangen wird, der am 01.05.2014 und damit nach der ordentlichen Tilgungsreife der letzten Verstöße (1.1.2013) rechtskräftig wird. Da sich die am 1.1.2013 getilgten Punkte noch bis 1.1.2014 in der Überliegefrist befinden, werden die alten Verstöße noch berücksichtigt und die eigentlich schon getilgten Punkte wieder mit aufgenommen, so dass auch diese dann mit der neuen Rechtskraft des neuen Verstoßes (1.5.2014) neu für zwei Jahre zu laufen beginnt.

Nach 5 Jahren werden die Punkte in Flensburg jedoch final gelöscht.

Das ist alles wirklich kompliziert, aber deswegen wurde ja u.a. die Reform geplant.

Folgende Maßnahmen sind im noch geltenden Punktesystem nach § 4 Abs. 3 StVG vorgesehen:

bis 8 Punkte:
Hier ist eine freiwillige Teilnahme an einem Aufbauseminar möglich, so dass man freiwillig bis zu 4 Punkte abbauen kann. 4 Punkte kann man aber nur dann abbauen, wenn man auch wirklich 4 Punkte hat. Wenn nur 2 Punkte vorliegen, kann man nur 2 abbauen, es gibt keine sogenannten Minuspunkte.

9 – 13 Punkte:
Man bekommt von Flensburg bereits eine Information über den Punktestand, eine schriftliche Verwarnung und den Hinweis auf ein mögliches Aufbauseminar, das hier an dieser Stelle auch erst mal nur freiwillig ist. Die Teilnahme an einem derartigen Seminar hat den Abbau von 2 Punkten zur Folge.

14 – 17 Punkte:
Nun wird ein Aufbauseminar angeordnet, zusätzlich wird man verwarnt und bekommt eine Information über die Entziehung der Fahrerlaubnis bei 18 Punkten und es gibt einen Hinweis auf eine verkehrspsychologische Beratung, die in diesem Fall wiederum 2 Punkte Rabatt zur Folge hat, d.h. 2 Punkte werden von den vorhandenen Punkten abgebaut.

ab 18 Punkte
Die Entziehung der Fahrerlaubnis sowie eine Sperrfrist von mindestens 6 Monaten wird angeordnet und eine neue Fahrerlaubnis erst nach bestandener MPU ausgehändigt.

Bisher war es so, dass einzelne Ordnungswidrigkeiten sowie Straftaten je nach Stärke mit 1 – 7 Punkten bewertet und entsprechend eingetragen wurden.

Das war ein kurzer Überblick über das aktuelle System, wie es zurzeit noch umgesetzt wird. Bevor ich nun zum neuen Punktesystem komme, ein kurzer Einblick in eine Statistik zum geltenden Recht:

Zurzeit gibt es ca. 53 Millionen Fahrerlaubnis-Inhaber, davon sind ca. 9 Millionen Personen im Verkehrszentralregister, knapp 17 % der Fahrerlaubnis-Inhaber. Davon wiederum sind über die Hälfte, nämlich 64 %, lediglich mit 1-4 Punkten vertreten. In der sogenannten Überliegefrist befinden sich 2,7 Millionen Fahrerlaubnis-Inhaber, es gibt ca. 200.000 Verwarnungen jährlich, 116.000 nehmen an einem freiwilligen Aufbauseminar teil, 25.000 an einem verbindlichen Aufbauseminar und bei ca. 5.000 kommt es aufgrund der erreichten 18 Punkten zur Entziehung der Fahrerlaubnis.

Nun komme ich zu den Vorschlägen der Reform des Verkehrszentralregisters und des Punktesystems.

Erst einmal Grundsätzliches: Zum einen soll mit dem neuen Punktesystem durch eine stärkere Gewichtung von schweren Verstößen eine Verbesserung der Verkehrssicherheit erreicht werden. Soll das System der Eintragungen dadurch entlastet werden, dass nur solche Delikte mit Punkten bewertet werden, die sich auch auf die Verkehrssicherheit auswirken, so z.B. eben nicht mehr -wie das heute noch der Fall ist-, das Einfahren ohne Umweltplakette in die Umweltzone oder auch die Beleidigung bzw. die Beamtenbeleidigung. Solche Verstöße haben mit der Verkehrssicherheit als solche nichts zu tun und werden daher künftig auch nicht mit einem Eintrag belastet.

Des Weiteren soll die bisher sehr unübersichtliche Tilgungshemmungsregelung mit der Überliegefrist sehr vereinfacht werden. Wie ich bereits erörtert habe, verkompliziert sich das bisherige System bei Eintragung weiterer Punkte, da dann die Tilgungsreife aller Punkte verschoben wird. Das Chaos wird perfekt bei Punkten, die in der Überliegefrist eingetragen werden.

Dem Endverbraucher wird es kaum gelingen selbst die vorhandenen Punkte zu berechnen, geschweige denn diese nachzuvollziehen. Dies soll nun vereinfacht werden, so dass sich der aktuelle Punktestand leicht rekonstruieren lässt. Die Fristen eines jeden Deliktes laufen unabhängig davon ob weitere Delikte hinzukommen. Die Verjährung alter Punkte wird durch den Neueintrag nicht mehr berührt. Somit besteht letztendlich eine sehr hohe Sicherheit, und man kann es auch im Einzelnen vorausberechnen, wann welche Punkte getilgt werden; also keine Abhängigkeit von weiteren Delikten, wie noch im bestehenden System. Dafür sollen die einzelnen Verjährungsfristen als solche jedoch verlängert werden.

Für Delikte, die mit einem Punkt behaftet sind, soll es künftig eine Tilgungsfrist von 2 ½ Jahren geben. Für Ordnungswidrigkeiten, die mit 2 Punkten belastet sind sogar 5 Jahre, und bei Straftaten soll einheitlich eine 10-jährige Tilgungsfrist gelten, anstatt heute noch 5 Jahre außer bei Drogen- und Alkoholfahrten. Diese angedachten Tilgungsfristen sind zwar für die Einzeltaten länger, jedoch für den Fahrer, der eine Geschwindigkeitsüber-schreitung nach der anderen begeht kürzer, da es hier nicht zu einem Neubeginn der Tilgungsfrist der vorherigen Taten kommt.

Des Weiteren fällt die gesamte Problematik und Unübersichtlichkeit mit den Überliegefristen weg, da ja neue Delikte die Tilgungsreife der alten Delikte nicht mehr berühren.

Die 2. große Neuerung, die die Reform bringen soll, ist die Vergebung von Punkten als solche. Wie bereits gesagt sind zur Zeit noch die einzelne Ordnungswidrigkeiten sowie Straftaten -je nach Stärke- mit 1 – 7 Punkten zu bewerten und entsprechend einzutragen. Dieses System soll komplett ersetzt werden, da es nur unnötig zu Berechnungsschwierigkeiten führt, und der Autofahrer ohne Hinzuziehung von Tabellen oder anwaltlichen Rat nicht erahnen kann, mit wie vielen Punkten das jeweilige Delikt oder Ordnungswidrigkeit behaftet ist.

Nunmehr sollen für eine Ordnungswidrigkeit oder eine Straftat entweder 1 oder 2 Punkte vergeben. Mehr Punkte soll es nicht mehr geben. Dies hat wiederum zur Folge, dass der gesamte Punktebereich von 3-7 Punkten ersatzlos gestrichen wird. Bevor jedoch die Freude darüber ausbreitet muss ergänzend dazu berücksichtigt werden, dass der Entzug der Fahrerlaubnis nicht mehr bei bisher 18 Punkten angeordnet wird, sondern bereits mit dem Erreichen von 8 Punkten erfolgt.

Zur Beantwortung der Frage, wann es nun zu einem Eintrag von einem bzw zwei Punkten kommt, soll im neuen System ausschlaggebend sein, ob es sich um eine verkehrssicherheits-beeinträchtigende Ordnungswidrigkeit handelt,- diese werden mit 1 Punkt versehen- oder aber eine besonders verkehrssicher-heitsbeeinträchtigende Zuwiderhandlungen. Diese sollen nunmehr mit 2 Punkten zur Eintragung kommen.

Ordnungswidrigkeitsdelikte, die nichts mit der Verkehrssicherheit zu tun haben, – ich habe es bereits ausgeführt, Einfahren in die Umweltzone ohne Plakette oder aber auch Beleidigung,- sollen überhaupt nicht mehr eingetragen werden.

Für das neue System sollen nunmehr folgende Quellenwerte gelten:

  • bis 3 Punkte – Vormerkung im Register
  • 4-5 Punkte – Ermahnung als Information über weitere Folgen
  • 6-7 Punkte – Ermahnung – wahrscheinlich mit Pflichtseminar.
  • ab 8 Punkten – Entziehung der Fahrerlaubnis für mindestens 6 Monate; Neuerteilung nur mit MPU möglich.

Und nun die letzte Neuerungen im flensburger Punktesystem:

Entgegen der bestehenden Regelung, wonach der freiwillige oder auch pflichtmäßige Abbau von Punkten möglich ist, sieht das neue System einen derartigen Abbau vorhandener Punkte durch entsprechende Aufbauseminare überhaupt nicht mehr vor. Im Klartext heißt das, dass man keine Möglichkeit hat, bestehende Punkte tilgen zu lassen, es sei denn die Tilgungsreife ist eingetreten.

Ich habe jetzt einmal für Alle eine kleine Tabelle mitgebracht, worauf verschiedene Verkehrsverstöße aufgeführt sind, mit den bisherigen Sanktionen und den neu geplanten. Aus dieser Aufstellung geht ganz klar hervor, dass keiner der Verstöße nunmehr mit mehr als 2 Punkten belegt wird, und Taten die nicht die Verkehrssicherheit belasten, überhaupt keinen Punkt mehr zur Folge haben.

Die Geldbußen sind in etwa gleich geblieben.

Kommen wir zur Frage, was mit den vorhandenen Punkten passiert, wenn die Reform umgesetzt wird. Diese sollen dann durch eine Übergangsregelung bzw ein Umrechnungssystem angeglichen werden. Hierzu habe ich noch einmal zum Nachlesen eine Aufstellung für Alle zusammengestellt, wie die alten Punkte entsprechend umgerechnet werden sollen.

Zusammenfassend sind folgende Neuerungen vorgesehen:

  1. Die Tilgungshemmung durch neu einzutragende Punkte während der Tilgungsfrist fällt weg.
  2. Die Überliegefrist fällt damit auch weg.
  3. Die einzelnen Tilgungsfristen verlängern sich.
  4. Es werden künftig nur noch ein bzw zwei Punkte vergeben.
  5. Kein Eintrag mehr für Delikte, die die Verkehrssicherheit nicht betreffen.
  6. Entziehung der Fahrerlaubnis bei 8 Punkten.
  7. Keine Möglichkeit mehr von Punkteabbau durch ein Aufbauseminar

So das war eine kleine Übersicht über die geplante Reform, die Ende 2013/Anfang 2014 in Kraft treten soll. Ein konkretes Datum gibt es jedoch noch nicht. Ich berichte gerne darüber, wenn es dann Neuigkeiten gibt, bedanke mich für die Aufmerksamkeit, und wünsche noch einen schönen Abend.

Katja Eva Spies – Rechtsanwältin

PDF-Download zu den Neuerungen im Punktesystem in Flensburg:

Gegenüberstellung-verschiedener-Verstöße
Geplante-Übergangsregelung