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HR Interview – Reiserecht

Frau Rechtsanwältin Katja Eva Spies zu Frage, ob TUI trotz erfolgter Buchungsbestätigung fast den dreifachen Reisepreis verlangen kann:

Grundsätzlich ist der mit dem Reiseveranstalter geschlossenen Vertrag erst mal wirksam.

Der Reiseveranstalter hat ein Angebot offeriert, eine bestimmte Reise zu einem bestimmten Preis anzubieten. Der Verbraucher hat nunmehr die Möglichkeit dieses Angebot anzunehmen oder nicht. Wenn er es annimmt kommt ein Reisevertrag zu Stande, der zunächst erst mal zu den Konditionen gültig ist, die der Reiseveranstalter angeboten hat.

Das ist zum einen natürlich der Preis, zum anderen aber auch Art und Beschaffenheit des Hotels – wurde eine 5 Sterne Kategorie oder nur eine 2 Sterne Kategorie angeboten -dann natürlich die Verpflegung Frühstück oder halb-/Vollpension oder all Inklusiv-Lage des Hotels Ausstattungspool etc.

Derjenige der die Reise gebucht hat schuldeten den Reisepreis, derjenige der die Reise anbietet schuldet dafür die beschriebenen Eigenschaften.

Man spricht von 2 korrespondierenden Willenserklärungen. Der Reiseveranstalter will eine Reise zu bestimmten Konditionen zu einem bestimmten Preis verkaufen, der Reisende will genau dieses Angebot annehmen. Somit kommt es zu einem Reisevertrag.

Etwas anderes jedoch kann dann gelten, wenn sich eine der Parteien, in diesem Fall TUI, in dem was er eigentlich anbieten wollte geirrt hat.

In § 119 BGB ist der so genannte Erklärungsirrtum geregelt, d.h., dass derjenige der bei der Abgabe einer Willenserklärung sich über deren Inhalt geirrt hat oder eine Erklärung dieses Inhaltes überhaupt nicht abgeben wollte, diese Erklärung anfechten kann, vorausgesetzt allerdings er hätte bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung eine derartige Willenserklärung nicht abgegeben.

Unsere Kanzlei einen ähnlichen Fall vertreten in dem auch ein Reiseveranstalter nach Abschluss des Reisevertrages dem Reisenden mitgeteilt hat, dass eine Mitarbeiterin bei der Eingabe des Preises in die EDV ein Fehler unterlaufen sei und der Reiseveranstalter eine derartige Willenserklärung, nämlich eine bestimmte Reise zu dem angebotenen Preis anzubieten, nicht hätte geben wollen.

Selbstverständlich muss der Reiseveranstalter dies beweisen, was jedoch möglicherweise durch Bestätigung der Mitarbeiterin gelingen kann.

Auch eine entscheidende Rolle spielen hierbei, wie die Reise angeboten wurde.

Wurde sie unter der Prämisse „einmaliges Schnäppchen“ oder „Ihre Traumreise zu Sonderkonditionen“ oder Ähnliches angeboten, so spricht viel dafür dass es sich um ein so genanntes Lockangebot handelt und es mit dem Reiseveranstalter schwer fallen dürfte einen tatsächlichen Irrtum zu beweisen.

Auf der anderen Seite wird natürlich auch geprüft, ob dem Reisenden ein krasses Missverhältnis zwischen dem angebotenen Preis und der versprochenen Leistung hätte auffallen müssen. So z.B. wenn eine Reise in die Karibik im 5 Sternehotel für 4 Personen zu einem Preis in Höhe von ca. 500,00 € angeboten wird.

Es gibt hier viel Streitpotenzial, so dass dem Verbraucher anzuraten ist hier professionelle anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, um letztendlich seine Reise entsprechend genießen zu können.

Als Tipp kann geraten werden, dass ein Geschädigter seinen Fall ins Netz stellt und darum bittet, andere Reisende, denen ähnliches widerfahren ist, sich zu melden. Bei dem Erklärungsirrtum kann es sich immer nur um einen Einzelfall handeln, so dass der Nachweis eines Irrtums umso schwerer fällt, je mehr geschädigte Personen innerhalb eines bestimmten Zeitraums ebenfalls geschädigt wurden. Das bei einer Vielzahl von Fällen solche Erklärungsirrtümer eingetreten sein sollen ist eher unwahrscheinlich, so dass das Gericht wohl eher von einem Lockangebot ausgehen muss.