Satellitenschüsseln waren in der Vergangenheit oft ein Streitpunkt zwischen Vermietern und Mietern. Am 14. Mai 2013 wurde ein richtungsweisender Beschluss vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) veröffentlicht, in dem ausschlaggebende Grundsätze zum Thema Satellitenschüsseln bekräftigt wurden. Dieser Beschluss muss künftig bei zivilgerichtlichen Streitigkeiten hinsichtlich der Anbringung von so genannten Parabolantennen durch Mieter berücksichtigt werden. Vermieter dürfen die Anbringung von Satellitenschüsseln nur noch im Einzelfall verbieten, wenn eine konkrete Abwägung der Interessen stattgefunden hat, so die Ansicht der Karlsruher Richter. Der Beschluss stärkt die Rechte von Mietern.
VERFASSUNGSBESCHWERDE AUSLÄNDISCHER MIETER
Türkische Mieter mit turkmenischer Abstammung lebten zwar nie im Herkunftsland, fühlten sich ihrer Tradition und damit auch der turkmenischen Sprache aber verbunden. Die Mieter hatten an der Hausfassade ihrer gemieteten Wohnung eine Parabolantenne angebracht, um das turkmenische Fernsehprogramm empfangen zu können. Die Anbringung der Antenne wurde ohne Zustimmung der Vermieterin durchgeführt. Laut Mietvertrag wäre ihre Zustimmung notwendig gewesen. Aufgrund dessen forderte die Vermieterin vor Gericht die Entfernung der Antenne und bekam Recht. Amts- und Berufungsgericht verurteilten die Mieter zur Entfernung der Parabolantenne. Gegen dieses Urteil legten die Mieter daraufhin Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe ein.
GRUNDRECHT AUF INFORMATIONSFREIHEIT VERLETZT
Die Verfassungsbeschwerde der Mieter sollte sich lohnen. Denn das höchste deutsche Gericht erkannte an, dass das Recht auf Informationsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 1,2. Hs Grundgesetz (GG) durch die Beseitigung der Satellitenschüssel verletzt wird. Der Erste Senat teilte mit, dass dieses Grundrecht in diesem Fall von den Gerichten hätte berücksichtigt werden müssen. Nach Ansicht der Verfassungsrichter erfordert das Grundrecht auf Informationsfreiheit eine umfangreiche Interessenabwägung von allen Beteiligten.
INTERESSENABWÄGUNG MUSS KONKRET STATTFINDEN
Sowohl dem Amtsgericht als auch dem Landgericht unterliefen im genannten Fall Fehler bei der konkreten Interessenabwägung. Zum einen ist das Interesse der Vermieterin zu beachten. Der Wert ihrer Immobilie sollte optisch erhalten bleiben. Zum anderen ist das Interesse der Mieter gleichermaßen ausschlaggebend, dass der Sender des Heimatlandes empfangen werden sollte. Da dieser nicht über den Kabelanschluss des Miethauses empfangen werden konnte, musste der Empfang über Satellit stattfinden. Das Amtsgericht hatte sich mit dem Vorbringen der Mieter nicht sachlich auseinandergesetzt. Das Gericht ging davon aus, dass Turkmenisch keine eigene Sprache ist, sondern lediglich ein türkischer Dialekt.
Laut Art. 5 GG ist eine angemessene Berücksichtigung bei der Interessenabwägung aber erforderlich. Sie muss sich an der konkreten Situation orientieren. Aufgrund dessen wurde der Fall vom BVerfG zur Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Die Aufgabe des Amtsgerichtes ist es nun, genauestens zu prüfen in wieweit der Alltag der Mieter von der turkmenischen Sprache geprägt ist. Zudem ist zu klären in welchem Umfang das Informationsinteresse der Mieter mit den türkischen Sendern berücksichtigt wird, die mit dem Kabelanschluss des Hauses empfangen werden.
VERFASSUNGSHÜTER BETONEN GRUNDRECHT AUF INFORMATIONSFREIHEIT
Mit diesem aktuellen Fall wurde das Grundrecht auf Informationsfreiheit von den Verfassungshütern betont. Durch den Beschluss sollte allerdings nicht davon ausgegangen werden, dass Satellitenschüsseln grundsätzlich ohne Erlaubnis des Vermieters montiert werden dürfen. Jedoch müssen die Gerichte das Grundrecht im Verhältnis von Mieter und Vermieter berücksichtigen und eine saubere Interessenabwägung durchführen. Anhand der tatsächlichen Umstände ist im Einzelfall festzustellen welches Interesse überwiegt und eine entsprechende Entscheidung zu fällen. Betroffene sollten sich vorab von einem kompetenten Anwalt im Bereich Mietrecht beraten lassen, um Konflikte und folgenreiche Fehlentscheidungen zu vermeiden.